Die Geschichte der Zeit(messung) Teil 4: An den Arm genommen

Eine Armbanduhr mit römischen Ziffern in der Nahaufnahme
Armbanduhren setzen sich in den 1930er-Jahren durch.

Uhren haben eine lange Geschichte, deren Anfänge wir im ersten Teil der Artikelserie beleuchtet haben. Im zweiten Teil ging es derweil um den Weg zur Räderuhr, während im dritten Teil die Industrialisierung betrachtet wird. Von der industriell gefertigten Uhr geht es zu kleineren Uhren, die nicht mehr in Beuteln herumgetragen werden müssen. Die Armbanduhren werden geboren.

Die Zeit der Armbanduhr

Erstmal als kurze Zusammenfassung: Uhren zum Mitnehmen sind bereits seit dem 15. Jahrhundert gebräuchlich und die stetige technische Weiterentwicklung sorgt dafür, dass die mechanischen Uhrwerke schrumpfen und immer kleinere Gehäuseformen ermöglichen. Uhren am Armband finden sich bereits um 1790. Offiziell tauchen Armbanduhren allerdings erstmals im 19. Jahrhundert als Ergänzung von Schmuck auf. Eine dieser Schmuckuhren wird durch Étienne Nitot (Hofjuwelier in Paris) geschaffen. Bei diesen frühen Modellen sind die Ziffernblätter noch anders ausgerichtet, als es heute gewohnt ist. Die 12 zeigt in Richtung der Finger, was die Ablesung beim Tragen der Uhr erschwert. Der Umbruch erfolgt erst Mitte des 19. Jahrhunderts, als Modelle mit seitlich gedrehtem Ziffernblatt (parallel zum Arm ausgerichtet) erscheinen. Ende der 1800er hatten sich entsprechende Schmuckuhren etabliert. Zugleich erscheinen die ersten Modelle für den Marine-Einsatz bei der deutschen Kriegsmarine aus dem Hause Girard-Perregaux (eine der ältesten Uhrenmanufakturen aus der Schweiz). Für die Armbanduhr geht es ins 20. Jahrhundert und die von Adrien Philippe eingeführte Aufzugkrone ist eine treibende Innovation. Vor der Erfindung im Jahr 1842 werden tragbare Uhren mit einem Schlüssel aufgezogen. Mit der Krone werden Aufzug und Einstellung hingegen in einem Schritt ermöglicht.

Armbanduhren im Wandel

Die Entstehung von Armbanduhren aus Schmuckuhren zeigt bereits, dass sich die frühen Modelle dieser Art an Frauen richten. Mit der Rolle der Frau in der westlichen Gesellschaft wandelt sich auch die Art der verwendeten Uhrenmodelle. Sind diese früher eher Schmuck, wandeln sich die Damenarmbanduhren zu beruflichen Instrumenten. Schließlich werden immer mehr Frauen berufstätig. Die Uhren erlauben das einfache Strukturieren der Arbeit, ohne auf stationäre Anzeigen angewiesen zu sein. Neben dem Einsatz im Büroalltag werden die Uhren von Soldaten im Krieg eingesetzt und unterschiedliche Hersteller liefern Feld-, Piloten- und Taucheruhren. Hier kommen unter anderem Uhrenmodelle aus dem Hause Omega zum Einsatz. Viele hierbei entwickelte und eingesetzte Technologien und Materialien finden sich später in den zivilen Modellen der Hersteller. Darüber hinaus erfreuen sich die markanten Designs der Militäruhren bis heute ungebrochener Beliebtheit. Gleichzeitig beginnen Armbanduhren einen beispiellosen Siegeszug in der Gesellschaft. Männer und Frauen gleichermaßen tragen Armbanduhren zu unterschiedlichsten Gegebenheiten.

Armbanduhren am Ende und Anfang

Ein Ende beutet die wachsende Beliebtheit der Armbanduhren für die klassische Taschenuhr, die spätestens in den 1930er-Jahren zum Nischenprodukt wird. Zu dieser Zeit und in den zwei vorherigen Jahrzehnten werden die Armbanduhren deutlich vielseitiger und belastbarer. Mitte der 20er-Jahre präsentiert Rolex beispielsweise das sogenannte Oyster-Gehäuse. Dieses durchschwimmt mit Mercedes Gleitze den Ärmelkanal und beweist, dass es gegen das Eindringen von Wasser geschützt ist. Wenig später werden Uhrwerke auch gegen Stöße abgesichert. Uhren für den Einsatz im Sport bleiben dadurch auch in extremen Situationen präzise und verlässlich. IWC beweist 20 Jahre später mit dem Start der IWC Ingenieur, dass sich Armbanduhren auch in einem Umfeld mit starken magnetischen Feldern einsetzen lassen. Weiteren Schutz gegen äußere Einwirkungen bietet eine Unruh Spirale aus Nivarox – diese sind antimagnetisch und nicht temperaturempfindlich. Diese Schritte erlauben es Armbanduhren in extremen Umgebungen zu bestehen. Toolwatches werden zu Begleitern von Forschern und Entdeckern auf der ganzen Welt. Doch die größte Krise steht der klassischen mechanischen Uhr noch bevor.

Von Marvin

Egal ob Smartwatch oder Vintage-Luxusuhr - Marvin ist studierter Technikjournalist und entsprechend begeisterter Technik- und Uhrenfan. Privat setzt er deswegen auf eine Smartwatch von Fitbit. Sein absolutes Wunschmodell, wenn Geld keine Rolle spielt? Definitiv eine Moonwatch.