Im 18. Jahrhundert beginnt in England ein großer Umbruch, dessen Auswirkungen Gesellschaft und Wirtschaft bis heute maßgebend prägen. Die Rede ist von der industriellen Revolution, die nicht nur auf die Uhren baut, sondern diese auch in Massen herstellt. Wir blicken in diesem dritten Teil der Geschichte der Zeit (messung) auf Uhren und Zeit während der Industrialisierung. Im ersten Teil haben wir Zeitmesser der Antike beleuchtet, während wir im zweiten Teil auf die Anfänge der Räderuhren blicken.
Zeit ist Geld
Das sagte schon Benjamin Franklin im Jahr 1748 und nennt damit das Quasi-Motto der industriellen Revolution. Zeit ist nicht mehr unendlich verfügbar und die Menschen arbeiten nicht mehr auf den eigenen Höfen. Dampfmaschinen geben den Takt an, Fabrikhallen werden zum zweiten Zuhause und der Fabrikleiter macht die Regeln und über allem hängt eine Uhr. Das menschliche Leben ändert sich während dieser Zeit maßgeblich. Wird zuvor vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang gelebt und gearbeitet, bestimmt jetzt die Stechuhr über die Lebenszeit. Auch für die Uhren ist dies eine große Herausforderung, da diese deutlich präziser werden müssen. Schließlich wird die Arbeitsqualität in Wochen-, Monats- und Jahresberichten erfasst. Die Zielvorgaben wollen schließlich in der verfügbaren Zeit eingehalten werden. Und wie schon in Teil 2 angedeutet, finden sich Uhren bald überall. Waren sie anfangs nur an Kirchen und Rathäusern zu finden, sind sie nun an den Bahnhöfen (schließlich braucht die neue dampfbetriebene Eisenbahn einen Fahrplan) und überall in Städten und an Fabrikhallen zu finden. Dies ist die Geburtsstunde der hohen Kunst der Uhrmacherei.
Die hohe Kunst
Es verwundert wenig, dass viele der bekannten Traditionsunternehmen aus der Uhrenherstellung in diesem Zeitraum entstehen. Vordenker ist in jedem Fall der Uhrmacher und Mechaniker Abraham-Louis Breguet. Zahlreiche Innovationen gehen auf sein Konto. Dank seiner Erfindungen wie der Breguet-Spirala werden Uhren zugleich handlicher und verlässlicher. Und wie eingangs erwähnt helfen die Uhren nicht nur der Industrialisierung, sondern diese nimmt auch großen Einfluss auf die Entwicklung und Herstellung von Uhren.
In Massenproduktion
Um sich den Umschwung der Uhrenindustrie vor Augen führen zu können, ist es wichtig, zu verstehen, wie Uhren zuvor gefertigt werden. Die Fertigung von Uhren findet in kleinen und größeren Werkstätten oder sogar in kleinen Familienbetrieben statt. Während der industriellen Revolution zieht auch die Uhrenherstellung in die Fabrikhallen und wird mehr und mehr automatisiert. Das bringt allerdings nicht nur Vorteile, sondern schafft eine handfeste Krise, die sogar als Krieg betitelt wird.
Der erste Uhrenkrieg
Anders als im Mittelalter kann die europäische Uhrenindustrie während der industriellen Revolution nicht die Führung übernehmen und gerät gegenüber den Unternehmen in den Vereinigten Staaten ins Hintertreffen. Dort kommen neue Fertigungsanlagen zum Einsatz, weswegen die Exporte aus der Schweiz zurückgehen. Der massiv gesunkene Arbeitsaufwand pro hergestellter Uhr senkt Herstellungszeit und -kosten massiv und macht die gesamte Schweizer-Industrie unwirtschaftlich. Dies geschah in den 1870er-Jahren und führt schließlich in der Schweiz zu einem Umdenken. Bis 1900 werden die amerikanischen Produktionsprozesse adaptiert, was dazu führt, dass die Schweiz wieder die Spitzenposition einnimmt. Was in diesem kurzen Absatz wenig dramatisch anmutet, hätte die Industrie der Schweiz fast vernichtend geschlagen. Ab diesem Punkt ist übrigens nicht alles perfekt: die klassische Uhrenherstellung muss sich im Lauf der Zeit noch zahlreichen weiteren Krisen stellen. Aber zuerst ist die Zeit der Armbanduhr gekommen und mehr dazu gibt es im vierten Teil.
