Die Geschichte der Zeit(messung) Teil 2: Räderwerke

Eine Taschenuhr auf einem Tisch neben einer Tasse Tee.
Die Geschichte der Zeitmessung nähert sich der Räderuhr, die sich später mitnehmen lässt.

Im ersten Teil haben wir einen Blick auf die Entstehung der Zeitmessung in der Antike geworfen und wenden unseren Blick nun ins Mittelalter zu dem, was unseren modernen Zeitmessern (funktional) entspricht. Es geht um die Erfindung der Räderuhr.

Unerwartete Orte

Der Ort, an dem die ersten Uhren dieser Art entstehen, sind tatsächlich Klöster. Was auf den ersten Blick nicht zusammenpassen möchte, ergibt bei näherem Hinsehen Sinn. Schließlich will das klösterliche Leben, bestehend aus regelmäßigen Gebeten und unterschiedlichen Arbeiten, gut strukturiert sein und diese Struktur lässt sich nur durch den Einsatz mechanischer Uhren erreichen. Um 1300 entstehen die ersten entsprechenden Uhrenmodelle. Neben Klöstern werden sie in Kirchen (Türmen) und Rathäusern eingesetzt und stehen damit auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Von den heute bekannten Uhren unterscheiden sich diese ersten Räderuhren durch den Verzicht auf Minuten- und Sekundenzeiger. Diese finden erstmals im 15. Jahrhundert Erwähnung. Die neuen mechanischen Uhren schaffen auch ein neues Berufsfeld, die Uhrmacherei.

Die astronomische Uhr von Prag gilt als eine der bemerkenswertesten Uhren des Mittelalters. (Bild von  Secernesto unter CC-BY-SA-2.5)

Wer die Uhren macht

Zur Zeit der Räderuhren kommt schließlich der Beruf des Uhrmachers auf. Dieser wird im Lauf der Zeit weiter professionalisiert und schon viele der frühen Uhrenmodelle sind waschechte Kunstwerke. Nicht umsonst werden diese Uhrenmodelle vielfach als monumental bezeichnet. In Sachen Präzision halten sie mit den vielfach vorherrschenden Wasseruhren jedoch nicht mit. Der italienische Mathematiker und Physiker Vincenzo Viviani empfiehlt deswegen für die Wissenschaft den Einsatz von Wasseruhren für Messungen. Zu diesem Zeitpunkt kommen bereits Unruh und Spiralfedern zum Einsatz (genau genommen seit dem 15. Jahrhundert). Sie verleihen den in aufwendiger Schmiedearbeit gefertigten Uhren mehr Präzision. Noch verlässlicher werden die Räderuhren durch den Einsatz von Hemmungen, die erstmals im 17. Jahrhundert eingesetzt werden.

Ohne Hemmungen mitnehmen

Wären Uhren heute sehr ungenau, da diese Mechaniken für das gleichmäßige Ablaufen des Uhrwerks verantwortlich sind. Zusammen mit der Einführung der Aufzugfeder sind Uhren im 16. Jahrhundert endlich bereit für einen flexibleren Einsatz und werden derart verkleinert, dass sie zu Taschenuhren werden. Die Zeit wird durch diesen Schritt liberalisiert und dadurch einem größeren Bevölkerungsteil zugänglich. Zu den frühen Modellen dieser Zunft gehört das Nürnberger Ei, eines der frühesten Taschenuhrmodelle.

Das Nürnberger Ei

Peter Henlein aus Nürnberg gilt als einer der wichtigen Wegbetreiber dieser Uhrenart, nicht jedoch als alleiniger Urheber. Taschenuhren werden diese Modelle ihrer Zeit übrigens nicht genannt. Stattdessen werden die tragbaren Zeitmesser unter dem Namen Dosenuhr verkauft und nicht etwa an einer Kette, sondern in einem Beutel herumgetragen. Es ist bei Modellen aus dieser Zeit schwierig, die Hersteller ausfindig zu machen, da Logos und Markennamen auf den Uhren unüblich sind. Die Uhren verbreiten sich, erst in der reichen Bevölkerung und durch bessere Herstellungsprozesse auch in der restlichen Gesellschaft. Die Zeit gewinnt an Wichtigkeit und bringt einen großen Schritt der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung: die Industrialisierung steht vor der Tür.

Von Marvin

Egal ob Smartwatch oder Vintage-Luxusuhr - Marvin ist studierter Technikjournalist und entsprechend begeisterter Technik- und Uhrenfan. Privat setzt er deswegen auf eine Smartwatch von Fitbit. Sein absolutes Wunschmodell, wenn Geld keine Rolle spielt? Definitiv eine Moonwatch.